Überzeugungen, Fachinteresse und professionelles Wissen von Studierenden des Lehramts Politik

Im Rahmen des aktuellen Forschungsprogramms zur professionellen Kompetenz ist eine Teilstudie zu Überzeugungen, Fachinteresse und professionellem Wissen bei 217 Studierenden des Lehramts Politik am Ende ihres Masterstudiums entstanden. Die Empfehlungen eines Kerncurriculums für politikwissenschaftliche Studiengänge der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW, 2003) beschreiben die fachlichen Wissensbereiche, die den Lehramtsstudierenden des Faches vermittelt werden sollten. Fachdidaktische Studieninhalte finden sich bei Massing & Sarcinelli (2007), die vom Sprecherkreis der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung sowie von der DVPW unterstützt wurden. Neben dem Professionswissen nehmen Überzeugungen eine bedeutsame Rolle für die erfolgreiche Berufsausübung ein. Sie müssen mit Wissen verknüpft werden, damit es wirksam werden kann (vgl. Blömeke, 2011). Sie helfen zu verstehen, wie Unterrichten gelernt wird, wie im Unterricht gehandelt wird (vgl. Richardson, 1996) und wie Lernprozesse gestaltet werden (vgl. Schuler, 2008). Es wird angenommen, dass Überzeugungen das unterrichtsbezogene Handeln von Lehrer/-innen stärker prägen als wissenschaftliche Theorien (vgl. Helmke, 2009).

Ergebnisse: Zwischen den vier Skalen der epistemologischen Überzeugungen zeigen sich erwartungskonforme Zusammenhänge. Die begabungstheoretische Skala anthropologische Konstante korreliert stark negativ mit der erkenntnistheoretischen Prozessorientierung und etwas schwächer positiv mit der Skala Formalismus. Veränderbarkeit und Nichtveränderbarkeit stehen sich hier erwartungskonform gegenüber. Die drei erkenntnistheoretischen Skalen hängen positiv bzw. negativ zusammen. Formalismus und Anwendungsbezug bilden aber eine Ausnahme. Sie korrelieren entgegen der Erwartung nicht. Anwendungs- und Prozessorientierung hängen erwartungskonform positiv zusammen, Prozessorientierung und Formalismus negativ. Grigutsch et al. (1998) nennen dieses Muster „antagonistische Leitvorstellungen“. Die Überlieferungen liegen auf einer Dimension mit zwei Polen. Die anthropologische Konstante der Begabung korreliert deshalb auch negativ mit dem Fachinteresse und den beiden Wissensdimensionen. Die Zusammenhänge der erkenntnistheoretischen Prozessorientierung mit dem fachdidaktischen Wissen sind erwartungskonform, die der Skala Formalismus aber leicht negativ. Die Politikdidaktik wird möglicherweise nicht als abstraktes System gesehen, was überrascht. Der Anwendungsbezug stellt eine interessante Ausnahme dar, da die Studierenden hier lediglich einen starken Zusammenhang mit Fachinteresse angeben. Das Fachinteresse hat die erwarteten positiven Effekte auf die beiden Wissensdimensionen. Studierende für das Lehramt an Realschulen sind eher begabungsorientiert als Studierende für das Lehramt an Gymnasien. Letztere zeigen etwas mehr Fachinteresse. Die Durchschnittsnote im Abitur als generische kognitive Voraussetzung hat die erwarteten Effekte auf die Wissensfacetten. Frauen wissen weniger, haben weniger Interesse am Fach und lehnen die Prozessorientierung eher ab.

Bearbeiter/-innen: Georg Weißeno, Eva Weschenfelder & Monika Oberle

Projektpublikation

Weißeno, G., Weschenfelder, E. & Oberle, M. (2015). Überzeugungen, Fachinteresse und professionelles Wissen von Studierenden des Lehramts Politik. In G. Weißeno, & C. Schelle (Hrsg.), Empirische Forschung in gesellschaftswissenschaftlichen Fachdidaktiken (S. 139-154). Wiesbaden: Springer. DOI: 10.1007/978-3-658-06191-3_10