Professionelles Wissen und Überzeugungen von Politiklehrer/-innen

weschenfelderIm Rahmen des Forschungsprogramms zur Professionellen Kompetenz von Politiklehrkräften (PKP-Studien) wurden 332 praktizierende Politiklehrkräfte befragt. Der Fokus der Teilstudie liegt auf der Erfassung fachspezifischen Wissens, epistemologischer und lehr-lernprozessbezogener Überzeugungen. Wissen und Überzeugungen sind in kompetenztheoretischen Ansatz Teilkompetenzen. Für einen erfolgreichen Politikunterricht benötigen die Politiklehrkräfte u. a. ein breites Wissensrepertoire und günstige Überzeugungen. Flexibles und situationsgerechtes Unterrichtshandeln erfordert die Verknüpfung verschiedener Kompetenzdimensionen (vgl. Baumert & Kunter, 2006; Bromme, 1992). Kognitionspsychologischen Wissensmodellen (Shulman, 1986) folgend liegt dem Kompetenzmodell eine Unterscheidung fachspezifischen Professionswissens in politikwissenschaftliches und politikdidaktisches Wissen zugrunde. Fachwissen bezieht sich auf die Inhalte des Faches. Fachdidaktisches Wissen beinhaltet Wissen darüber, wie fachspezifische Inhalte Schüler/-innen vermittelt werden können.

Die erfolgreiche Umsetzung professionellen Wissens in unterrichtsbezogenen Handlungssituationen erfordert korrespondierende Überzeugungen zur Natur politischen Wissens, dem Erwerb politischer Kompetenzen und zu Lehr- und Lernprozessen im Politikunterricht. Epistemologische Überzeugungen sind subjektive Theorien, die in Überzeugungen zur Natur und zur Genese von Wissen untergliedert werden (vgl. Hofer & Pintrich, 1997). In die lehr-lernprozessbezogenen Überzeugungen gehen insbesondere Vorstellungen zur konkreten Gestaltung des Politikunterrichts ein. Hinter beiden Überzeugungsdimensionen stehen transmissive oder konstruktivistische Lerntheorien (vgl. Voss, Kleickmann, Kunter & Hachfeld, 2011). Epistemologische Überzeugungen beziehen sich auf ein generelles Verständnis bei der Entstehung von Wissen, während bei Überzeugungen zum Lehren und Lernen der Unterricht den konkreten Bezugsrahmen darstellt (vgl. Müller, Felbrich & Blömeke, 2008). Die Daten werden mittels IRT- und Strukturgleichungsmodellen auf latenter Ebene analysiert.

Ergebnisse: Politikwissenschaftliches und politikdidaktisches Wissen lassen sich bei Politiklehrkräften den Erwartungen entsprechend deutlich unterscheiden. Politikdidaktisches Wissen untergliedert sich in eine normative und eine unterrichtsbezogene Dimension. Auch epistemologische und lehr-lernprozessbezogene Überzeugungen weisen eine mehrdimensionale Struktur auf. Konstruktivistische und transmissive Überzeugungen zeigen negative Zusammenhänge. Die Analysen bestätigen eine Modellierung in übergreifende Syndrome. Politiklehrkräfte mit transmissiven epistemologischen Überzeugungen scheinen auch transmissive Überzeugungen zum Lehren und Lernen zu besitzen. Die Überzeugungen müssen nicht vollständig konsistent sein.

Zwischen Lehrkräften gymnasialer und nicht-gymnasialer Schulformen bestehen Unterschiede in den Ausprägungen und Zusammenhängen der Kompetenzaspekte. Politiklehrkräfte an Gymnasien erreichen höhere Kompetenzwerte in den Wissenstests, geben konstruktivistischere Überzeugungen und ein höheres Politikinteresse an. Das Interesse am Fach wirkt sich bei ihnen positiv auf das fachspezifische Wissen aus. Im politikwissenschaftlichen Wissen zeigen sich moderate Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Weibliche Lehrkräfte schneiden etwas schlechter in dem Test ab. Die Selbsteinschätzung des Abschneidens in den Wissenstests korreliert gering bis mäßig mit dem tatsächlichen Abschneiden. Bei Gymnasiallehrkräften hängen die Überzeugungssyndrome stark mit dem Fachinteresse zusammen, in beiden Gruppen kaum mit dem fachspezifischen Wissen.

Bearbeiterin: Eva Weschenfelder

Projektpublikation

Weschenfelder, E. (2014). Professionelle Kompetenz von Politiklehrkräften – Eine Studie zu Wissen und Überzeugungen. Wiesbaden: Springer. DOI 10.1007/978-3-658-04193-9