Lehr-lerntheoretische und epistemologische Überzeugungen von Politiklehrer/-innen

Im Rahmen des aktuellen Forschungsprogramms zur professionellen Kompetenz ist eine Teilstudie zu den Überzeugungen bei 332 voll ausgebildeten Politiklehrer/-innen entstanden.Epistemologische Überzeugungen bezeichnen subjektive Vorstellungen über die Struktur, Genese und Validierung von Wissen. Subjektive Vorstellungen über die Korrektheit bzw. Objektivität von Lerninhalten und über die Genese von Kompetenz strukturieren „die Art der Begegnung mit der erkennbaren Welt“ vor. Die epistemologischen Überzeugungen von Lehrkräften beeinflussen ihre Zielvorstellungen und Wahrnehmungsprozesse, ihre Unterrichtsplanung bzw. die tatsächliche Gestaltung des Unterrichts sowie ihre Erwartungen an Schüler/-innen.

Überzeugungen zum Lehren und Lernen weisen durch ihren direkten Unterrichtsbezug eine größere Handlungsnähe auf als epistemologische Überzeugungen. Dazu zählen Zielvorstellungen, unterrichtsmethodische Präferenzen und Classroom Management. Bezüglich der unterrichtsmethodischen Präferenzen lässt sich ein traditionell-direktiver Zugang von einer auf eigenaktives Lernen der Schüler/-innen abzielenden Unterrichtsgestaltung unterscheiden. Lehrerüberzeugungen können sich dabei zum einen an der kognitiv-konstruktivistischen, zum anderen an der transmissiven Lerntheorie orientieren. Die Daten wurden mit Modellen der Item Response Theory entsprechend der theoretisch angenommnen Struktur beschrieben.

Ergebnisse: Politiklehrer/-innen verfügen über transmissive und konstruktivistische lernbezogene Überzeugungen. Diese lassen sich in zwei übergeordnete Faktoren integrieren. Der mittlere negative Zusammenhang zwischen diesen Faktoren zeigt auf, dass die Lehrer/-innen zwar zu einer der beiden Seiten tendieren, jedoch keine vollständig konsistenten Überzeugungsmuster aufweisen. Geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der Überzeugungsstrukturen zeigen sich nicht. Die Schulart steht dagegen in einem systematischen Zusammenhang mit der belief-Struktur der Politiklehrkräfte: Gymnasiallehrer/-innen stimmen konstruktivistischen lernbezogenen Überzeugungen in der vorliegenden Studie stärker zu als Lehrkräfte anderer Schularten (Real-, Haupt- und Grundschule) – ein bemerkenswerter Befund, dessen Ursachen und Implikationen weitere Studien klären sollten. Die Selbstwirksamkeitserwartung von Politiklehrer/-innen ist positiv mit kognitiv-konstruktivistischen Überzeugungen assoziiert.

Bearbeiter/-innen: Monika Oberle, Eva Weschenfelder & Georg Weißeno

Projektpublikation

Oberle, M., Weschenfelder, E., & Weißeno, G. (2014): Beliefs als Element professioneller Kompetenz bei Politiklehrkräften in Deutschland. In B. Ziegler (Hrsg.), Vorstellungen, Konzepte und Kompetenzen von Lehrpersonen der politischen Bildung (S. 124-137). Zürich/Chur: Rüegger. Online Volltext URN: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-70805-3